
Altbau, Altlast, Albtraum? Was vor der Sanierung beachtet werden muss
Die Sanierung großer Gebäude wie Schulen, Krankenhäuser, Einkaufszentren oder Industrieanlagen ist selten Routine. Doch auch kleinere Bauträger, Makler oder Projektentwickler, die Altbauten umbauen oder verkaufen wollen, stehen vor denselben Herausforderungen. Hinter Decken, Wandverkleidungen oder Bodenbelägen können Stoffe lauern, die heute verboten sind, aber damals alltäglich verbaut wurden.
Wer Gebäude aus den 1950er bis 1980er Jahren modernisieren oder vermarkten will, bewegt sich oft in einem toxikologischen Blindflug. Viele Altbauten enthalten gesundheitsgefährdende Materialien. Das kann zu hohen Kosten führen, Verzögerungen verursachen oder Menschen gefährden. Wer frühzeitig prüft, was im Bestand steckt, handelt nicht nur verantwortungsvoll, sondern auch wirtschaftlich klug.
Materialien mit problematischer Geschichte
Ob PAK-haltiger Kleber, Asbestplatten, formaldehydbelastete Dämmstoffe oder bleihaltige Anstriche – viele gewerblich oder öffentlich genutzte Gebäude enthalten Materialien, deren Gefährdungspotenzial erst Jahre nach ihrer Verarbeitung bekannt wurde. Besonders Gebäude aus den 1950er- bis 1980er-Jahren sind davon betroffen. In Schulen und Kindergärten finden sich häufig asbesthaltige Bodenplatten, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in alten Klebern oder flüchtige organische Verbindungen in Anstrichen. Einkaufszentren weisen oft PCB-belastete Fugendichtungen auf, ergänzt durch Schimmelbildung in schlecht belüfteten Zwischendecken oder Lagerbereichen. Auch Altbauten in innerstädtischen Mischgebieten zeigen typische Belastungsmuster, etwa bleihaltige Wasserleitungen, Asbestzementplatten an Fassaden oder Holzschutzmittel mit chlororganischen Verbindungen in tragenden Bauteilen. Je älter und heterogener ein Gebäude genutzt wurde, desto wahrscheinlicher ist das gleichzeitige Auftreten verschiedener Schadstoffe. Auch kleinere Immobilien sind selten unbelastet. Besonders bei Objekten mit wechselnder Nutzung oder unvollständiger Dokumentation bleibt häufig unklar, welche Baustoffe verbaut wurden und welche Risiken daraus entstehen.
Verantwortung und Haftung
Werden belastete Baustoffe nicht erkannt oder falsch entfernt, kann das gravierende Folgen haben. Eigentümer, Investoren oder Auftraggeber haften für Fehler während der Bauphase. Auch Makler geraten in die Verantwortung, wenn ihnen bekannte Mängel nicht kommuniziert wurden.
Rechtsverstöße sind möglich bei:
-
Asbestarbeiten ohne Genehmigung
-
unsachgemäßer Entsorgung gefährlicher Baustoffe
-
fehlender Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung
-
mangelnder Dokumentation bei Rückbauten
Neben Bußgeldern drohen Haftungsansprüche oder Stilllegungen durch Behörden. Wer sicher gehen will, muss den Ist-Zustand eines Gebäudes prüfen lassen, bevor es zu Maßnahmen kommt.
Ablauf einer professionellen Bewertung
Ein verantwortungsvoller Umbau beginnt mit einer Analysephase. Diese liefert Klarheit über potenzielle Risiken und hilft bei der Planung von Zeit, Budget und Schutzmaßnahmen.
Ein erfahrener Schadstoffgutachter bezieht folgende Schritte in die Bewertung ein:
-
Sichtung vorhandener Unterlagen und Pläne
-
Begehung vor Ort mit Fokus auf typische Schadstoffquellen
-
Entnahme und Laboranalyse von Proben
-
Erstellung eines Schadstoffkatasters
-
Bewertung der Risiken
-
Handlungsempfehlungen für Rückbau, Sanierung und Entsorgung
-
Begleitende Überwachung während der Baumaßnahmen
Für öffentliche Ausschreibungen, Fördermittel oder Versicherungen ist diese Dokumentation oft Voraussetzung. Auch Käufer verlangen immer häufiger Nachweise über schadstofffreie Bausubstanz.
Strategievorteil durch Schadstoffkataster
Ein Schadstoffkataster ist nicht nur Pflicht, sondern ein Planungsinstrument. Wer weiß, was verbaut wurde, kann Termine, Kosten und Personal verlässlich kalkulieren. Besonders für Makler oder Investoren, die ein Objekt veräußern wollen, schafft ein belastbares Gutachten Sicherheit.
Leistung: Übersicht aller kritischen Bauteile, rechtlich geprüfte Bewertung, konkrete Maßnahmenempfehlungen
Nutzen: Sicherheit für Zeit- und Kostenplanung, Absicherung gegenüber Käufern und Behörden, effizienter Rückbau und Sanierung
In Immobilienprospekten oder Exposés wird ein Schadstoffgutachten zunehmend zum Verkaufsargument. Es zeigt: Die Immobilie wurde fachgerecht geprüft und vorbereitet.
Zielgruppen mit besonderem Risiko
Altlasten betreffen nicht nur Großbauten, sondern auch kleinere Objekte mit wechselnder Nutzung oder unbekannter Bauhistorie. Besonders gefährdet sind:
-
Krankenhäuser und Hotels mit Umbauten in den 1970er- und 1980er-Jahren
-
Verwaltungsgebäude mit abgehängten Decken oder Leichtbauwänden
-
Schulen, Hochschulen und Bildungseinrichtungen mit langen Sanierungszyklen
-
Logistikflächen mit älteren Bodenaufbauten
-
Gewerbeimmobilien, die nun als Wohn- oder Mischnutzung umgewandelt werden
Auch wenn die Fläche überschaubar ist: Die Verantwortung bleibt gleich. Und die Risiken ebenso.
Zwei Beispiele aus der Praxis
Ein älteres Verwaltungsgebäude sollte zu einem modernen Co-Working-Space umgebaut werden. Die ersten Rückbauarbeiten begannen ohne vorherige Prüfung der Bausubstanz. Beim Entfernen von Deckenplatten entdeckten Handwerker plötzlich auffällige Fasermaterialien – eine Laboranalyse bestätigte den Verdacht: Asbest. Die Baustelle wurde sofort stillgelegt. Erst durch die nachträgliche Einschaltung eines Gutachters konnten die betroffenen Bauteile systematisch erfasst und ein Sicherungskonzept erstellt werden. Das Projekt verzögerte sich um drei Monate. Die Kosten für Entsorgung, Stillstand und zusätzliche Sicherungsmaßnahmen überstiegen 180.000 Euro. Eine frühzeitige Analyse hätte nicht nur Zeit und Geld gespart, sondern auch Risiken für die ausführenden Firmen verhindert.
In einem weiteren Fall beauftragte ein Makler den Verkauf eines charmanten Altbau-Geschäftshauses in zentraler Lage. Das Objekt war frisch renoviert, der Kaufinteressent beeindruckt. Doch zur Absicherung ließ der Käufer auf eigene Initiative Proben nehmen. Das Ergebnis: PCB-belastete Fugendichtungen, PAK-haltiger Bodenbelagskleber und Asbestplatten an der Fassade. Der Käufer senkte daraufhin sein Gebot erheblich. Der Eigentümer zeigte sich überrascht, der Makler verlor nicht nur den Auftrag, sondern auch Folgeempfehlungen aus dem Netzwerk. Ein vorgelagertes Schadstoffkataster hätte Klarheit geschaffen, den Marktwert abgesichert und Vertrauen vermittelt.
Sicherheit ist planbar
Ein zertifizierter Schadstoffgutachter liefert nicht einfach nur einen technischen Bericht, sondern ermöglicht ein sicheres und planbares Vorgehen. Eine gezielte Analyse der vorhandenen Bausubstanz zeigt frühzeitig, welche Risiken bestehen und wie mit ihnen umzugehen ist. Der Sanierungsplan beginnt also nicht mit dem Abriss, sondern mit der sauberen Bestandsaufnahme.
Besonders für kleinere Bauträger, Makler oder Investoren kann diese Vorbereitung ein echter Vorteil sein. Wer frühzeitig prüft und dokumentiert, zeigt nicht nur Verantwortungsbewusstsein, sondern beweist auch strategisches Denken. In Verhandlungen mit Käufern, in Abstimmungen mit Behörden oder bei der Ausschreibung von Gewerken wird genau diese Sorgfalt immer stärker eingefordert – und honoriert.
Drei Fragen an den Experten: Was wird am häufigsten übersehen?
Interview mit einem Sachverständiger für Gebäudeschadstoffe mit langjähriger Erfahrung in Rückbau und Sanierung von Altbauten:
Was ist aus Ihrer Sicht der häufigste Irrtum bei Altbauten?
Viele Verantwortliche denken beim Thema Schadstoffe sofort an Asbest und gehen davon aus, dass es nur sehr alte Gebäude betrifft. Tatsächlich wurden auch in den 1980er-Jahren noch Materialien verwendet, die heute als gesundheitsgefährdend gelten. Besonders häufig finden wir PCB in Fugenmassen, PAK in Parkettklebern oder Formaldehyd in Spanplatten. Oft wird übersehen, dass selbst vermeintlich harmlose Modernisierungen problematisch sein können, wenn dabei alte Kleber oder Spachtelmassen freigelegt werden.
Wann sollte ein Gutachten erstellt werden?
Im besten Fall noch vor der Ausschreibung oder der ersten baulichen Maßnahme. Sobald Wände geöffnet oder Böden entfernt werden, kann es bereits zu Kontaminationen kommen. Wer erst bei laufendem Rückbau feststellt, dass gefährliche Stoffe verbaut sind, riskiert Baustopps, Mehrkosten und rechtliche Probleme. Eine Prüfung im Vorfeld schafft Klarheit, schützt alle Beteiligten und sorgt für rechtssichere Planung.
Was raten Sie Bauträgern, Investoren oder Maklern, die mit Bestandsobjekten arbeiten?
Ein professionelles Schadstoffgutachten schafft Transparenz und ist oft ein echter Wettbewerbsvorteil. Es stärkt die Verhandlungsposition, signalisiert Sorgfalt und kann helfen, den Verkaufsprozess abzusichern. Besonders bei gewerblich genutzten Immobilien oder Umnutzungsprojekten empfehle ich, lieber früh zu prüfen als später zu korrigieren. Die Kosten für ein Gutachten sind im Vergleich zu möglichen Folgeschäden sehr überschaubar.
Klarheit statt Risiken
Ob öffentlicher Auftrag, Umbau im Bestand oder Verkauf eines Altbaus – ohne qualifizierte Bewertung bleibt jede Maßnahme ein Risiko. Schadstoffe im Gebäude sind kein Problem, wenn man sie kennt. Unsichtbare Altlasten lassen sich beseitigen. Aber nur, wenn man weiß, dass sie da sind.
Ein Schadstoffgutachten schafft Klarheit. Für Sie, für Ihre Käufer, für Ihr Projekt.
Bildnachweis: Freedomz, Ecology, Nattawit, ALEXEY/Adobe Stock

